Interview mit Rechtsanwalt Oliver Ebert
RA Ebert ist einer der wenigen Fachanwälte für Informationstechnologierecht; seit über 15 Jahren ist er auch Hochschullehrbeauftragter für Internetrecht und e‑commerce.
Sehr geehrter Herr Ebert, zu Beginn gleich eine provokative Frage: es gibt fast 150.000 Anwälte – warum sollte man nach Erhalt einer Abmahnung nun ausgerechnet Sie beauftragen ?
Die Frage ist vollkommen berechtigt. Das IT-Recht, mit Problemstellungen aus Wettbewerbs‑, Marken‑, Namens‑, Domain- und Urheberrecht sowie aus zahlreichen Verbraucherschutzvorschriften, ist eine sehr spezielle Materie. Nahezu täglich ergehen neue Gerichtsentscheidungen, vielfach ist die Rechtslage auch noch unklar oder mit europaweitem Bezug zu betrachten. Es liegt daher in der Natur der Sache, dass angesichts dieses Umfangs meist nur ein spezialisierter Anwalt optimal beraten kann.
Oder um es ganz plakativ zu formulieren: wer Rückenschmerzen hat, geht vernünftigerweise zum Orthopäden — und eben nicht zum Hautarzt oder zum HNO-Spezialisten, die man vom Tennis oder Golfen kennt. Obwohl beide ja auch Ärzte sind und behandeln dürf(t)en.
Sie meinen also: den Anwalt, den man vom Golfclub kennt oder der bislang schon die Firma in anderen Sachen vertreten hat , solle man eher nicht nehmen ?
Nein, das habe ich nicht gesagt. Wenn der Anwalt wirklich auf die Fragestellung spezialisiert bzw. fachlich kompetent ist, dann wäre er wohl sogar eine sehr gute Wahl.
Ansonsten sollte man sich aber schon überlegen, ob man dort fachlich gut aufgehoben ist. Denn eine nicht ganz optimale Beratung – und erst recht ein Fehler — kann in diesen Rechtsbereichen sehr viel Geld kosten.
Abgesehen davon spart man sich als Unternehmer auch viel Zeit, wenn der Anwalt mit den technischen Zusammenhängen bereits vertraut ist und man diesem nicht erst noch sämtliche Fachbegriffe erklären muss.
Die ganzen Abmahnungen – meist handelt es sich dabei doch nur um „Abzockerei“, oder ?
In den meisten Fällen sind Abmahnungen begründet, weil ein rechtswidriges Verhalten vorlag. Sicherlich gab und gibt es auch rechtsmissbräuchliche Abmahnungen. Hiergegen kann man sich aber wehren; unberechtigte Abmahner sind daher auch schon wegen Betruges verurteilt worden. Auch hat der Gesetzgeber zwischenzeitlich reagiert: Privatpersonen sind seit einiger Zeit vor überzogenen urheberechtlichen Abmahnkosten geschützt.
Und was auf den ersten Blick nicht einleuchtend ist: eine Abmahnung ist sogar durchaus im Sinne des Abgemahnten ! Denn als Alternative bliebe dem Geschädigten ja ansonsten nur, gleich vor Gericht zu ziehen. Das würde dann aber zu noch höheren Kosten führen.
Warum müsste er denn gleich vor Gericht ? Er könnte doch den anderen zunächst kontaktieren und mit diesem die Angelegenheit so regeln ?
Das ist theoretisch richtig – in der Praxis funktioniert das aber so nicht. Meist wird ein Geschädigter nicht ernst genommen, wenn er selbst und ohne Anwalt abmahnt. Dazu ginge er auch ein erhebliches Risiko ein: denn formuliert er bei der Abmahnung etwas falsch, dann kann der Gegner unter Umständen gleich vor Gericht ziehen und feststellen lassen, dass die Forderungen in dieser Form unberechtigt sind. Als Geschädigter trägt man dann auch noch die Kosten des Gegners, während der eigene Zeit- und Arbeitsaufwand nicht ersetzt wird.
Soweit es sich also nicht um eine Lappalie handelt, die man mit einem kurzen Telefonanruf aus der Welt schaffen kann, sollte eine Abmahnung daher doch besser durch einen Anwalt erledigt werden
Was können Sie als Anwalt denn tun, wenn ich eine Abmahnung erhalte ?
Zunächst prüfe ich, ob die Abmahnung überhaupt berechtigt ist. Falls ja, dann bespreche ich mit Ihnen, ob und inwieweit ich die Abgabe einer Unterlassungserklärung für geboten halte. In der Regel muss dazu die vom Gegner vorformulierte Erklärung abgeändert („modifiziert“) werden.
Auch werde ich versuchen, die von der Gegenseite geforderten Kosten zu senken.
Ist die Abmahnung unberechtigt oder überzogen, dann besteht die Möglichkeit, dass man sich wehrt und eine sog. negative Feststellungsklage einreicht – der Gegner muss dann auch meine Anwaltskosten tragen.
Zum Schluss: Ich habe gesehen, dass Sie auch sozialrechtliche Themen behandeln – wie passt das denn nun zusammen ?
Das ist richtig. Schon seit Beginn meiner Anwaltstätigkeit verwende ich einen Teil meiner Arbeitszeit (und Freizeit) darauf, Menschen mit Behinderung zu helfen. Denn es ist für die Betroffenen oft schwierig, anwaltliche Hilfe zu finden — derartige Mandate sind für Anwälte nämlich kaum lukrativ und machen dazu meist auch noch überdurchschnittlich viel Arbeit.
So habe ich zwischenzeitlich mehr als 5.000 kostenlose Rechtsberatungen bzw. rechtliche Vertretungen übernommen – was bei regulärer Abrechnung einer Honorarsumme von weit über 1.000.000,00 EUR entspräche!
Ich unterstütze insbesondere Kinder, Eltern und Betroffene mit Diabetes bei sozial- und arbeitsrechtlichen Fragen. Quasi nebenbei hat sich so ergeben, dass ich bundesweit zum „Fachmann“ für das Thema „Diabetes und Recht“ wurde und auch in zahlreichen ehrenamtlichen Funktionen aktiv bin.
(Anmerkung: eine Übersicht über das Engagement von RA Ebert finden Sie hier)
Sehr geehrter Herr Ebert, herzlichen Dank für das Gespräch.