Unmissverständliche Warnung der Aufsichtsbehörden: “dringender Handlungsbedarf” für die Betreiber von Facebook-Seiten!
In einer am 06.06.2018 veröffentlichten, gemeinsamen Einschätzung weisen die deutschen Datenschutzbehörden in Zusammenhang mit facebook und vergleichbaren social media darauf hin, dass ” daß “dringender Handlungsbedarf für die Betreiber von Fanpages besteht.”
Alle, die eine nicht ausschliesslich private “Fanpage” bei facebook betreiben, sollten auf diese unmissverständliche Warnung der Datenschutzbehörden nun umgehend reagieren- ansonsten drohen hohe Bussgelder und Abmahnungen.
Der Europäische Gerichtshof hat vor einigen Tagen entschieden (EuGH, Urteil vom 5. Juni 2018 — C 210/16), daß Betreiber einer “Fanpage” bei facebook und vergleichbaren social media zusammen mit dem Betreiber der Plattform für die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen haften.
Im Klartext: der Betreiber einer facebook-Seite haftet auch für Datenschutzverletzungen mit, die von Facebook begangen werden — selbst wenn er hierfür gar nichts dafür kann bzw. auch keinen Einfluss auf facebook hat.
Das Urteil betrifft nicht nur alle Firmen, Unternehmen, Handwerksbetriebe, freie Berufe (z.B. Ärzte, Zahnärzte, Rechtsanwälte) und Selbständige, sondern auch Behörden, gemeinnützige Organisationen, Verbände und Vereine. Ausgenommen sind gem. Art. 2 Abs. 2c DSGVO nur rein private Seiten, die ausschliesslich von Privatpersonen, d.h. “zur Ausübung persönlicher oder familiärer Tätigkeiten” betrieben werden.
Über dieses Urteil wurde in den Medien umfassend berichtet. Erstaunlicherweise hat eine weitere Nachricht von ganz erheblicher Brisanz aber kaum Beachtung gefunden:
Die deutschen Datenschutzbehörden — also die für Seitenbetreiber aus Deutschland zuständigen Aufsichtsbehörden — haben nämlich in lobenswerter Klarheit und Schnelligkeit auf das Urteil des EuGH reagiert und gleich am nächsten Tag (06.06.2018) eine gemeinsame Einschätzung veröffentlicht. Diese lässt es an Deutlichkeit nicht vermissen: nach Auffassung der Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder (DSK) können Facebook-Fanpages derzeit kaum rechtskonform betrieben werden.
Die Aufsichtsbehörden schreiben hierzu: “Das Urteil des EuGH zur gemeinsamen Verantwortung von Facebook und den Betreibern einer Fanpage hat unmittelbare Auswirkungen auf die Seitenbetreiber. Diese können nicht mehr allein auf die datenschutzrechtliche Verantwortung von Facebook verweisen, sondern sind selbst mitverantwortlich für die Einhaltung des Datenschutzes gegenüber den Nutzenden ihrer Fanpage”.
Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, daß “dringender Handlungsbedarf für die Betreiber von Fanpages besteht.”
Im Klartext: solange das nicht der Fall ist, bleibt faktisch nur eine Handlungsmöglichkeit — nämlich die Facebook-Seite abzuschalten.
Die Stellungnahme der DSK dürfte auch als klare Warnung zu verstehen sein: wer trotz dieser behördlichen Einschätzung jetzt weiterhin eine facebook-Seite betreibt, wird bald mit empfindlichen Bussgeldern und behördlichen Maßnahmen rechnen müssen. Die Aufsichtsbehörden werden dabei gem. Art. 83 Abs. 1 DSGVO auch “sicherstellen”, daß das Bussgeld “in jedem Einzelfall wirksam, verhältnismäßig und abschreckend ist”. Man sollte also eher nicht darauf hoffen, daß man mit Bagatellbeträgen davonkommen wird.
Zusätzlich lauert ein weiteres Risiko: wer eine solche, nicht ausschliesslich private facebook-Seite betreibt, muss mit einer Abmahnung rechnen — beispielsweise druch Wettbewerber oder sog. Verbraucherschutzvereine.
Und last but not least: gem. Art 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, “der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist”, Anspruch auf Schadenersatz.
Update 12.06.2018:
Viele fragen sich, ob facebook-Seiten denn nun abgeschaltet werden müssen. Aus juristischer Sicht ist für mich die Antwort klar. Allerdings hat die Interaktion mit Kunden per facebook für viele Unternehmen erhebliche Bedeutung; eine Abschaltung der facebook-Seite könnte dann zu massiven finanziellen Einbussen führen.
Man wird in solchen Fällen betriebswirtschaftlich und unternehmerisch abwägen müssen, ob es womöglich sinnvoller ist, die Risiken (Bussgelder + Auseinandersetzung mit Behörde, Abmahnungen, ggf. Schadensersatzforderungen betroffener Nutzer) bewusst in Kauf zu nehmen und die weiteren Entwicklungen und Geschehnisse einfach abzuwarten.